BRANCHENBEFRAGUNG

Argumente durch Kennzahlen

von Patricia Braun

Wie können Sie die Bedeutung Ihrer Interessengruppe am besten veranschaulichen? Was ist der beste Weg, Forderungen an die Politik zu bringen, ohne dass so viel Druck entsteht, dass die Zugänglichkeit Ihrer Ansprechpartner leidet? Eine Möglichkeit liefert die Branchenbefragung. Sie kann als Brücke zwischen den Mitgliedern des Verbandes hin zur Politik gesehen werden.

Mithilfe einer Branchenbefragung können differenzierte Aussagen über die Entwicklungen innerhalb eines Feldes getroffen werden. Anhand von Konjunkturdaten werden so Wachstums- und Entwicklungsprognosen gebildet, die als Leitfaden für Unternehmen der Branche dienen. Daten aus vorherigen Erhebungen können in schwierigen Wirtschaftslagen sinnvolle Hinweise geben, welche Handlungsansätze für die Situation geeignet sind. Die Schwerpunkte der Branchenumfragen können unterschiedlich gesetzt werden. Klassische Themen sind beispielsweise die Arbeitsplatzsicherheit, Anforderungen an Aus- und Fortbildung oder, im Falle von Verbänden, wo genau die Mitglieder im Dienstleistungssektor angesiedelt sind, sowie die Erfassung von Kundenbedürfnissen. Für Mitglieder können aus Branchenumfragen Anregungen zur Optimierung der Arbeitsprozesse im eigenen Unternehmen entstehen, etwa durch den Vergleich branchen-spezifischer Abläufe.

Nutzen von Branchenumfragen für die politische Kommunikation
Auch für die politische Kommunikation erweisen sich Branchenumfragen als ein wichtiges Tool. Durch die Umfrage können die Positionen der Mitglieder abgefragt und Forderungen entsprechend vertreten werden. Die Expertenrolle von Verbänden gegenüber der Politik wird durch fundierte Argumente und Zahlen unterstützt. Wenn z. B. der Anteil der Branche am Bruttoinlandsprodukt hervorgehoben werden kann oder der entsprechende Wirtschaftssektor eine überdurchschnittliche Wachstumsrate aufweist, erhöht dies die Chancen, von der Politik gehört zu werden.

Unser Tipp: Genaue Erkenntnisse über die Bedeutung und den Zustand der zu vertretenden Interessengruppe erleichtern den Dialog sowohl mit den politischen Entscheidungsträgern als auch der breiten Öffentlichkeit.

Wie oft wird befragt?
Es bietet sich an, die Branchenbefragung mehrfach durchzuführen. Manche Umfragen werden bis zu drei Mal pro Jahr realisiert. Der Vorteil der Periodizität liegt in der stetigen Kontrolle der Daten. Die Ist-Werte werden mit den prognostizierten Werten abgeglichen, wodurch sich die Aussagekraft erhöht. Wachstumsprognosen der letzten Befragung können z. B. mit dem tatsächlichen Konjunkturstand verglichen und das Messinstrument (der Befragungsbogen) entsprechend justiert werden.

Wer wird befragt?
Generell bietet es sich an, die Mitglieder des Verbandes zu befragen. Dies ist besonders hilfreich, wenn es um die Abgrenzung der politischen Positionen und Forderungen geht. So wird politische Kommunikation im Sinne der Mitgliedschaft ermöglicht, etwa wenn eine Stellungnahme zu einem geplanten Gesetzesentwurf erarbeitet werden muss.

Dennoch ist die Branchenbefragung nicht immer nur auf die Mitglieder beschränkt. Denn im Gegensatz zur Mitgliederbefragung können Aussagen über einen gesamten Wirtschaftszweig getroffen werden, und dieser ist nicht per se auf die Mitgliedschaft des Verbandes limitiert. Es gilt, die qualifiziertesten Experten zu dem Schwerpunkt der Umfrage zu finden. Wenn eine Vorhersage zu Preissteigerungen von Rohstoffen und deren Auswirkungen auf das kommende Quartal getroffen werden soll, könnte es hilfreich sein, Zulieferer der Branche zu befragen, da diese vor den Mitgliedsunternehmen davon betroffen sein werden. Bei einem Fokus auf Fragen zu Aus- und Fortbildung eignen sich Ausbilder oder sogar Azubis selbst als Experten.

Unser Tipp: In manchen Fällen bietet es sich an, Sekundärdaten in die Auswertung der Befragung einfließen zu lassen. Das Statistische Bundesamt bietet beispielsweise eine breite Auswahl an Struktur- und Konjunkturdaten, auf die zurückgegriffen werden kann.

Wie wird gefragt?
Die Anzahl der Teilnehmer an einer Branchenbefragung kann je nach Branche und je nach Hintergrund der Befragung stark variieren. Die Befragung stellt in jedem Fall einen Mix aus offenen und geschlossenen Fragen dar. Offene Fragen geben die Sicherheit, dass alle wichtigen Antwortmöglichkeiten gegeben sind. Viele offene Fragen, die schriftlich zu beantworten sind, führen zu einer hohen Abbruchquote.

Deshalb eignen sich bei größtenteils frei gefassten Fragebögen persönliche oder telefonische Interviews am besten. Diese Verfahren und auch die Auswertung von offenen Befragungen allgemein sind sehr aufwendig. Daher empfiehlt es sich, diese Art der Umfrage nur bei einer überschaubaren Anzahl von Befragten durchzuführen. Bei großen Fallzahlen werden überwiegend geschlossene Fragebögen verwendet. Geschlossene Fragen sind z. B. Multiple-Choice- oder Skalenfragen, die generalisierbar sind. Dadurch sind diese Umfragen schnell und einfach auszufüllen, d. h., es bietet sich an, die Befragung per Post oder zeitgemäß per Online-Tool abzuwickeln.

Der Vorteil von Online-Befragungen liegt in der Einfachheit der Auswertung, da die Daten schon digitalisiert erfasst sind und so ein Arbeitsschritt bei der Auswertung eingespart werden kann.

Unser Tipp: Eine kurze Telefonanfrage zur Bereitschaft vor dem Zusenden des Fragebogens erhöht die Chancen, dass dieser tatsächlich ausgefüllt wird und nicht im Spam-Ordner bzw. im Poststapel untergeht.

Was wird gefragt?
Insbesondere die Branchenbefragungen, die periodisch durchgeführt werden, enthalten wiederkehrende inhaltliche Elemente. Der zentrale Teil sind dabei Strukturdaten wie z. B. Unternehmensgröße oder Daten, die auf die Konjunkturlage schließen lassen, etwa ob Investitionen für das nächste Jahr geplant sind. Andere Teile der Umfrage können aktuellen Gegebenheiten angepasst werden. Wenn z. B. neue Beschlüsse
bezüglich der Energiewende zur Debatte stehen, bietet es sich an, in der Befragung zu ermitteln, welche Auswirkungen eine Energiewende-Abgabe für die Unternehmen hätte bzw. wie die Position der Mitglieder dazu aussieht.

Unser Tipp: Geben Sie den Befragten ein Mittel zur Evaluation der Branchenbefragung an die Hand: Bitten Sie um ein Feedback zum Ende des Fragebogens. Auf diese Weise erfahren Sie aus erster Hand, ob Sie neue Elemente in Ihre Branchenbefragung aufnehmen müssen bzw. ob vorhandene Elemente womöglich stärker an die Informationsbedürfnisse der Politik angepasst werden müssen.

Wo wird die Befragung veröffentlicht?
Eine Branchenbefragung ist in jedem Fall mit einem erheblichen monetären und zeitlichen Aufwand verbunden. Nicht nur deswegen sollten die Ergebnisse umfassend und öffentlichkeitswirksam ausgeschöpft
werden. Dazu bietet es sich an, die erhobenen Daten nach thematischen Schwerpunkten aufzubereiten und gesplittet als Pressemitteilung herauszugeben.

Dabei gilt es zu beachten, dass es Themen gibt, die jedes Jahr aufs Neue zu einer bestimmten Zeit gut platziert werden können, wie z. B. die Konjunkturberichte im Herbst. Allerdings stellen Pressemitteilungen nicht die einzige Möglichkeit dar, die Ergebnisse einer Branchenumfrage zu präsentieren.

Eine weitere Möglichkeit sind branchenspezifische Informationsveranstaltungen. Hier werden vor allem interessierte Zielgruppen angesprochen. Ebenso gut eignen sich Messen für eine weitreichende Vorstellung von Ergebnissen gegenüber der relevanten Öffentlichkeit. In einem solchen Rahmen ist es zu empfehlen, die Ergebnisse in einem Booklet oder einer Präsentation visuell aufzubereiten. Auf diese Weise können sowohl Medienvertreter als auch relevante Zielgruppen zu einem späteren Zeitpunkt auf die Ergebnisse zugreifen.

Unser Tipp: Durch zügiges Handeln können Themen der aktuellen Nachrichtenlage entsprechend bestmöglich platziert werden und erzielen so die optimale Reichweite.

Jetzt PDF downloaden: Diesen Artikel finden Sie im Verbandsstrategen Ausgabe 11/2014, S. 5.

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