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WhatsApp – für Verbände geeignet!?

von Oliver Kunze und Christian H. Schuster

WhatsApp – für Verbände geeignet!?
Um im Informationszeitalter Schritt zu halten, sind Verbände und Unternehmen zunehmend auf innovative Informationskanäle angewiesen. Während der klassische Newsletter per E-Mail bereits zum Standardprogramm bei der Informationsvermittlung gehört, ist die Benachrichtigung von Mitgliedern per WhatsApp-Nachrichtendienst erst bei wenigen Verbänden auf dem Vormarsch. Dabei liegen die Vorteile des kostenlosen Kurznachrichtendienstes auf der Hand. WhatsApp hat Facebook und Twitter als führende Nachrichtendienste schon seit einiger Zeit abgelöst. Zurzeit hat der Instant-Messaging-Dienst, mit dem Nutzer einander Kurzvideos, Bilder und Texte zusenden können, in Deutschland ca. 35 Millionen Nutzer.

Ein Dienst wie WhatsApp hat entscheidende Vorteile: Die Push-Funktion, die nahezu jeder WhatsApp-User auf seinem Handy aktiviert hat, sorgt dafür, dass dem Mitglied die Nachrichten bequem und schnell zugänglich auf seinem Display angezeigt werden. Das Risiko, im E-Mail-Postfach unterzugehen, wird somit umgangen und der direkte Dialog ermöglicht. Zudem ist die Nutzung von WhatsApp für den Großteil der Deutschen zu einem täglichen Ritual geworden, da 78 Prozent den Dienst jeden Tag nutzen.

Rechtliche und technische Fallstricke beachten
Doch bevor sich ein Verband oder Unternehmen für ein professionelles WhatsApp-Marketing entscheidet, sind einige rechtliche und technische Fallstricke zu beachten. Denn eigentlich ist die kommerzielle Nutzung von WhatsApp für digitale Newsletter oder andere Formate durch die allgemeinen Geschäftsbedingungen des Dienstes untersagt. Mithilfe des sogenannten Double-Opt-Verfahrens ist es jedoch möglich, das Verbot in einer Grauzone zu umgehen. Hierfür muss der User die Handynummer des Verbandskanals in seinem Telefonbuch speichern und zur Aktivierung des Nachrichtendienstes im WhatsApp-Chat das Wort „Start“ an die eben eingegebene Nummer senden. Der Betreiber nimmt die Nachricht auf und speichert die Handynummer in seiner Broadcastliste. Je nachdem, mit welchem Interesse der Nachrichtendienst von Mitgliedern oder Interessenten der Organisation aufgenommen wird, könnte die verwendete Hardware schnell an ihre Grenzen stoßen. Denn momentan sind die Broadcastlisten von WhatsApp auf 256 Kontakte beschränkt. Das bedeutet, dass die Versendung von Informationen nur in einem vergleichsweise kleinen Rahmen stattfinden kann. Alternativ können weitere Broadcastlisten erstellt werden, die dann unter einer anderen Nummer anwählbar sind. Dieses Verfahren ist nicht nur umständlich, sondern auch für die verwendete Hardware eine echte Herausforderung. Aus diesem Grund empfiehlt es sich, auf einen der zahlreichen professionellen WhatsApp-Messenger-Dienste zurückzugreifen. Mit diesen Anbietern ist es möglich, mit nur einer Nummer auch größere Empfängerlisten zu verwalten.

Ansprechende Formate entwickelnVorbereitung
Sobald die technischen Voraussetzungen für den eigenen WhatsApp-Kanal geschaffen sind, geht es darum, diesen mit ansprechenden und informativen Formaten zu befüllen. Obwohl WhatsApp dabei auf den ersten Blick nur einen begrenzten Spielraum bietet, gibt es jedoch vielfältige Formate, um Informationen passgenau und informativ für die entsprechende Zielgruppe aufzubereiten. Momentan können mit dem Instant-Messaging-Dienst Text-, Bild- oder Videonachrichten verschickt werden. So bietet es sich an, wiederkehrende Formate zu entwickeln, die sich vom Design, Inhalt oder Zeitpunkt der Veröffentlichung her gleichen. Hier sollte bei Bildnachrichten darauf geachtet werden, dass in der Bildnachricht sämtliche Informationen wie Quelle und Urheber deutlich erkennbar sind. Denn die Bild-/Textnachrichten, die auf 140 Zeichen begrenzt sind, werden bei einer Weiterleitung getrennt, sodass beim Empfänger nur noch das Bild auf dem Display erscheint. Somit kann es passieren, dass der Nachrichtenwert eines Fotos ohne den dazugehörigen Text für das Verbandsmitglied oder den Interessenten nur noch sehr gering ist. Ebenso anspruchsvoll ist die Entwicklung von Bewegtbildern bei WhatsApp, da die Videos auf ein Datenvolumen von, je nach Anbieter, 10 bis 16 Megabyte beschränkt sind. Dies entspricht je nach Auflösung einer Abspieldauer von 20 bis 30 Sekunden.

Der Verein Deutscher Ingenieure hat die richtige Mischung gefunden: Der Berufsverband informiert Interessierte jeden Mittwoch und Freitag mit den hauseigenen VDI-News. Dabei werden in den bis zu zehn aufgeführten Themenfeldern sowohl vereinsinterne Blogbeiträge als auch externe Sachverhalte wie neueste Studien kurz erläutert und mit gekürzten, platzsparenden Internetlinks (Shortlinks) für weiterführende Informationen ergänzt. Zum Wochenbeginn gibt die VDI-Zahl der Woche dem Leser interessante Informationen aus der Verbands- und Unternehmenswelt an die Hand. Zusätzlich zu den festen Formaten werden in unregelmäßigen Abständen Karrieretipps und Whitepapers für die Abonnenten bereitgestellt.

Vielfältige Möglichkeiten nutzenVorbereitung
Ein ansprechendes Design ist jedoch nur die halbe Miete; auch die Formate müssen abwechslungsreich gestaltet und in richtigem Maße dosiert werden. Denn Text-, Bild- und Videonachrichten können bei fehlender Vielfalt schnell zu einem Misserfolg des eigenen WhatsApp-Kanals führen. Deshalb ist es wichtig, beim Start des Kanals einen festen Redaktionsplan zu entwickeln, der wichtige Formate, Posttermine und sonstige Aktivitäten des eigenen Dienstes dokumentiert. Ein Kanal, der sich ausschließlich auf ein Format festlegt, wirkt unattraktiv.

Als Paradebeispiel für die Umsetzung eines kreativen WhatsApp-Kanals gilt das mit dem Deutschen Preis für Onlinekommunikation ausgezeichnete Bistum Essen. Nachdem die Pressestelle der römisch-katholischen Diözese bereits mit der Nacherzählung der Ostergeschichte eine Fachjury in der Kategorie „Kampagne von Verbänden und NGOs“ überzeugen konnte, begeisterte sie Weihnachten 2015 die WhatsApp-Nutzer mit der Weihnachtsgeschichte. Das Best-Practice-Beispiel für gelungenes Storytelling vermochte dabei den traditionsreichen Stoff unter Einbindung von modernen Bildern, kreativen Videos und witzigen Emojis lebendig, spannend und kurzweilig darzustellen.

Mehrfach Inhalte verwenden
WhatsApp muss als eigenständiger Kanal gedacht werden und darf nicht als 1:1-Verlängerung anderer Kanäle genutzt werden. Bei der Verwendung des Kanals als Verteiler für einen Newsletter müssen die Inhalte ganz anders aufbereitet werden. Hierfür bietet WhatsApp eine große Bandbreite an möglichen Darstellungsformen. Texte lassen sich mit über 600 kleinen Emoji-Piktogrammen ergänzen, womit der kreativen Umsetzung kaum Grenzen gesetzt sind. Beschränkungen sollten jedoch beim Verweis auf weiterführende Inhalte beachtet werden. Während WhatsApp mit bis zu 8.192 Zeichen oder umgerechnet 1.400 Wörtern in einer Textnachricht viel Platz bietet, sollten Verweise auf externe Links mithilfe von gekürzten Internetlinks (Shortlinks) dargestellt werden. Diese Form bietet, im Gegensatz zu einer ungekürzten Internetadresse, dem Abonnenten eine übersichtliche Ansicht der Nachricht an. Die Umwandlung der Verlinkung in Shortlinks kann dabei durch verschiedene Anbieter im Internet geschehen oder mit dem bei den meisten in der Oberfläche integrierten Shortener. Ein negativer Aspekt bei der Darstellung mit Shortlinks ist die fehlende Information, wohin die Internetadressen verlinken, sodass die Gefahr besteht, dass Nutzer vom Klicken Abstand nehmen. Das Risiko ist aber bei vertrauenswürdigen Absendern eher gering.

Ein WhatsApp-Kanal, der frei von verbandsinternen oder unternehmerischen Zielen und ein reines Informationsmedium ist, kommt vom Basketballverein des FC Bayern München. Die dort aufbereiteten Inhalte werden immer als Bild-/Textnachricht versendet und beschränken sich ausschließlich auf Spieltermine, Ergebnisse und Neuverpflichtungen des Basketball-Teams. Weiterführende Inhalte wie ausführliche Spielberichte werden mithilfe von Shortlinks dargestellt.

Richtige Dosis versendenVielfältige Verwendung
Durch die Etablierung fester Formate im eigenen Kanal kann es schnell passieren, dass die Fülle von Mitteilungen durch zusätzliche, unvorhergesehene Meldungen aus dem Tagesgeschäft ein zumutbares Maß für die Abonnenten des Kanals übersteigt. Erfahrungsgemäß sollten daher pro Woche nicht mehr als ein bis drei, maximal fünf Nachrichten veröffentlicht werden. Neben der Häufigkeit der Benachrichtigungen spielt auch ein technischer Aspekt eine wichtige Rolle. Denn auch wenn in den meisten Bürogebäuden und Geschäftsstellen inzwischen WLAN-Netze für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter als Service bereitgestellt werden, rufen ebenso viele User die WhatsApp-Nachrichten mit ihrem mobilen Datenvolumen ab. Das kann, bei häufiger Einbettung von Video-Nachrichten, den Nutzer vom Abruf des Kanals abhalten oder zur Kündigung des Abonnements führen.

Die Branche, die WhatsApp bisher am meisten als Marketing-Tool für sich entdeckt hat, sind die Nachrichtenmedien. Dementsprechend gibt es hier sowohl positive als auch negative Beispiele. Der Postillon hat sich bei seinem Dienst für eine Darstellungsform entschieden, die die Inhalte ausschließlich mit Emojis verdeutlicht. Dem kreativen Ansatz steht jedoch der negative Aspekt gegenüber, wonach die Nachrichtenfülle mit 15 bis 20 Meldungen pro Woche die richtige Dosis deutlich verfehlt. Ebenso wirken die überwiegend kurz gehaltenen Tickermeldungen durch die fehlenden Shortlinks unübersichtlich und schwer lesbar.

Offenen Dialog ermöglichen
Der Vorteil von WhatsApp gegenüber Facebook und Twitter ist sicherlich die direkte Interaktion mit Mitgliedern und Interessenten. Denn in dem Kanal hat der Nutzer die Möglichkeit, aus den Broadcastlisten heraus mit dem Verband in einen Einzelchat einzutreten. Dieser Chat, bei dem die Organisation ihre Dialogbereitschaft signalisieren kann, ermöglicht es den Usern, ihre Fragen direkt zu stellen. Grundsätzlich muss dabei erwähnt werden, dass die User in den Broadcastlisten durch ihre eigene Entscheidung, den WhatsApp-Kanal zu abonnieren, eine vergleichsweise hohe Sympathisanten- bzw. Unterstützerdichte aufweisen werden, im Gegensatz zu der Community in den meisten Social-Media-Kanälen. Zudem werden die Nutzer ein höheres Aufmerksamkeitspotenzial für die Inhalte aufweisen als das quantitative Umfeld bei einem gewöhnlichen E-Mail-Newsletter.

Ein kreatives Beispiel für die gelungene Interaktion mit der Community lieferte vor einem Jahr die Daimler AG, als ihr Trainee Edith Interessierte für einen Tag an ihrem Arbeitsalltag teilhaben ließ. Sie begann den Tag mit einer Bildnachricht vom Werkseingang in Stuttgart, um zur Mittagszeit ein Bild aus der werkseigenen Kantine zu posten. Im Tagesverlauf schickten die User regelmäßig Fragen zu ihrer Ausbildung, worauf sie zusätzlich Informationen für ihre eigene berufliche Karriere erhielten.

Ein Verband, der zukunftsorientiert und fortschrittlich arbeiten will, wird sich mit dem weltweit beliebtesten Messenger WhatsApp auseinandersetzen müssen, um unkompliziert und serviceorientiert mit seinen Mitgliedern in den Dialog treten zu können. Denn die Vorteile liegen auf der Hand: Nahezu jeder Smartphone-User nutzt WhatsApp und ist mit dem Umgang vertraut. Der oft schwer erzielbare persönliche Mitgliederkontakt kann mithilfe dieser modernen Lösung auf eine neue Ebene gehoben werden.

Jetzt PDF downloaden: Diesen Artikel finden Sie im Verbandsstrategen Ausgabe 04/2016, S. 5.

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