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Website-Relaunch – Verbände im Neuland

von Philipp Becher

Wer viel im Internet unterwegs ist, kennt es gut: Der Zahn der Zeit nagt auch an Internetseiten für Verbände. Sicher, sie beginnen nicht zu rosten. Aber mitunter stellt sich schon mal ein gewisses Retro-Gefühl ein. Auch die Bedienbarkeit des Content-Management-Systems (CMS) könnte irgendwie leichter, intuitiver sein. Und wer soll sich im Pressebereich zwischen den ganzen Pressemitteilungen von 2008 bis heute noch zurechtfinden? Der Fokus auf Social Media in den vergangenen Jahren verlief oft zum Leidwesen von Verbandswebsites. Nun heißt es, die digitale Visitenkarte wieder auf Vordermann zu bringen. Ein Relaunch muss her. Die folgenden 12 Schritte geben Ihnen dabei Orientierung.

Schritt 1 – Sich ein erstes Bild machen: Was bedeutet ein Relaunch?

Grundsätzlich kann ein Relaunch verschiedene Formen annehmen. Von einer rein optischen Auffrischung bis hin zur kompletten Neustrukturierung bietet sich ein recht großer Spielraum. Erfahrungen zeigen aber, dass eine rein optische Überarbeitung in der Regel nicht ausreicht. Denn häufig sind Websites über die Jahre gewachsene Gebilde, in denen sich naturgemäß auch einiges an Wildwuchs findet. Navigationsstrukturen bilden oft nicht mehr die aktuellen Prioritäten oder die inhaltliche Realität ab. Umfangreiche Inhalte aus vergangenen Jahren machen die Seite unübersichtlich und träge. Die Anbindung an die mühsam aufgebauten Social-Media-Kanäle ist nicht optimal. Kurzum: Es gibt ein großes Verbesserungspotenzial. In jedem Fall gilt hier, dass Sie sich im Vorfeld in Ruhe mit dem Thema beschäftigen und bestenfalls externe Experten hinzuziehen sollten. Diese bringen nicht nur die benötigte technische Expertise, sondern helfen vor allem auch, die Betriebsblindheit zu überwinden und eine Lösung zu entwickeln, die von den Mitgliedern und allen anderen Zielgruppen positiv empfangen wird.

Schritt 2 – Ein Blick in die Kommunikationsstrategie

Hat Ihr Verband eine übergreifende Kommunikationsstrategie? Dann sollte diese die Grundlage für alle weiteren Schritte sein. Ein Website-Relaunch ist oft komplex und die Strategie daher ein wichtiger Referenzrahmen: Sie sollten alle Ideen und Vorschläge mit dieser abgleichen. Deckt Ihre Strategie auch andere digitale Medien (z. B. Social Media) ab? Dann können Sie hiervon ableiten, welche Rolle die Website in Ihrem digitalen Ökosystem spielen soll. Für den Fall, dass Ihr Verband keine Kommunikationsstrategie hat, empfiehlt es sich dringend, eine solche zu entwickeln. Um keine Zeit zu verlieren, können Sie als Notlösung einen Blick in die Satzung werfen. Ziehen Sie die dort definierten Ziele zur Orientierung heran. Entwickeln Sie auf dieser Basis eine Checkliste, die Sie im weiteren Prozess regelmäßig konsultieren können.

15.02.2019 / Ausgabe #76

Verbände im Neuland

In jeder Ausgabe der Verbandsstrategie setzen wir mit Best-Practice-Beispielen, Expertenbeiträgen und Interviews einen anderen inhaltlichen Schwerpunkt. Sie interessieren sich für das Thema? Dann schauen Sie doch gleich bei den anderen Artikeln dieser Ausgabe vorbei.

Schritt 3 – Eine ehrliche Bestandsaufnahme

Nach dem Blick in die Strategie steht ein Besuch auf Ihrer Verbandswebsite an. Mit Sicherheit fallen Ihnen direkt einige Punkte ins Auge, die Sie schon längst anders gestalten oder sortieren wollten. Kein Problem – jetzt ist der Zeitpunkt gekommen. Nehmen Sie sich aber diesmal wirklich Zeit dafür und gehen Sie die Website von oben bis unten durch – immer mit Blick auf die Checkliste aus Schritt 1. Welche Inhalte sind entbehrlich, welche Rubriken sind mittlerweile obsolet? Was sind Notlösungen, die in den vergangenen Jahren unbeabsichtigt zum Standard geworden sind? Und erreichen Sie damit eigentlich Ihre Ziele? Einen ersten Eindruck davon erhalten Sie, wenn Sie sich die Performance der Seite ansehen: Wie viele Besucher hat sie, wie lange halten sich diese auf der Seite auf, wie viele springen direkt wieder ab? Zur Bestandsaufnahme gehören aber auch die Dinge, die Sie sich schon immer von der Seite gewünscht haben. Welche Funktionalitäten würden Ihre Arbeit erleichtern, wovon würden Ihre Mitglieder oder andere Zielgruppen profitieren? Sammeln Sie diese Ideen und halten Sie sie für den weiteren Prozess fest.

Schritt 4 – Auswahl eines geeigneten Agenturpartners

In der Regel benötigen Sie für den Relaunch nicht nur technische, sondern auch gestalterische und konzeptionelle Unterstützung. Diese bekommen Sie bei einer Kommunikationsagentur, wie beispielsweise der Agentur ADVERB, für gewöhnlich aus einer Hand. Die Auswahl der richtigen Agentur ist dabei nicht immer einfach. Es kann sich grundsätzlich lohnen, neue Agenturen zu involvieren, um frische kreative Energie in den Prozess zu bringen. Eine „All-in-one-Agentur“ ist bei der Auswahl zu empfehlen, da es die Kommunikation vereinfacht und der Ansprechpartner für Sie (in der Regel) so immer der Gleiche ist. Die Erfahrungen zeigen auch, dass es hilfreich ist, wenn die Partner etwas von Verbänden verstehen bzw. die Branche oder Arbeitsweise kennen. Es fällt ihnen dann in der Regel leichter, sich in Ziele, Wünsche und Befürchtungen der Kunden hineinzuversetzen. Referenzen können ebenso bei der Entscheidung helfen wie erste unverbindliche Kennenlerngespräche mit potenziellen Agenturkandidaten.

Schritt 5 – Formulieren eines Briefings

Haben Sie einen Agenturpartner gefunden, gilt es zunächst, ihm möglichst präzise zu vermitteln, wo Sie hinwollen. Dafür ist ein Briefing unerlässlich. Folgende Punkte sollten Sie dabei beachten: Formulieren Sie möglichst konkret und auf den Punkt. Benennen Sie Ihre Kommunikationsziele und was Sie sich von der Website versprechen. Definieren Sie Ihre Zielgruppen und was diese auf der Seite finden sollen. Elaborieren Sie Do’s und Don’ts: Was wünschen Sie sich und was ist ausgeschlossen? Zu guter Letzt: Benennen Sie Timing und Budget für den Relaunch. Mit diesen Punkten, verbunden mit der Bestandsaufnahme aus Schritt 3, haben Sie eine sehr gute Grundlage für die Umsetzung geschaffen.

Schritt 6 – Entwicklung eines Konzepts

Im ersten Schritt wird die Agentur ein Konzept für die Website entwickeln. Dieses wird umso passgenauer sein, je besser sie Ihren Verband, dessen Ziele und Kommunikationsmaßnahmen versteht. Denn die Website soll sich in dieses Gesamtkonstrukt einfügen oder sogar dessen digitalen Mittelpunkt bilden. Nehmen Sie sich also entsprechend Zeit für Fragen und Antworten, damit sich die Agentur ein gutes Bild machen kann. Folgende Punkte sollten Teil des Konzeptes sein: Ist-Analyse, Ziele inkl. Definition von KPIs, Zielgruppen, strategischer Ansatz (Verortung der Website im digitalen Ökosystem), technische Grundlagen, Projektplan, Grobbudget.

Schritt 7 – Aufsetzen eines Pflichtenheftes

Nach Freigabe des Konzeptes geht es mehr ins Detail. Der nächste Schritt ist die Entwicklung eines Pflichtenheftes durch die Agentur. Dabei handelt es sich um eine Weiterentwicklung und Detaillierung des Briefings. Das Pflichtenheft ist wichtig, weil es in Abstimmung mit Ihnen die benötigten Funktionalitäten im Detail definiert. Während das Briefing eher das „Was“ beleuchtet, bietet das Pflichtenheft ein detailliertes „Wie“, an dem sich Entwickler und Gestalter orientieren. Es ist für gewöhnlich auch die Grundlage für die detaillierte Kostenkalkulation. Vor der finalen Freigabe können Sie die Funktionalitäten der Seite mit dem Pflichtenheft abgleichen. Das bietet allen beteiligten Parteien entsprechende Sicherheit.

Schritt 8 – Gestaltung von Wireframes

Ist das Pflichtenheft verabschiedet, beginnt die eigentliche Entwicklung. Die Konzeptioner machen sich dabei zunächst Gedanken über Struktur und Navigation der Seite. Dafür entwickeln sie sogenannte „Wireframes“, schematische Zeichnungen zur Darstellung der geplanten Struktur der zu entwickelnden Seiten. Wireframes entstehen auf Basis des abgestimmten Pflichtenheftes und dienen, sobald freigegeben, als Grundlage für die gestalterische und technische Entwicklung der Seite. Sie sind ein unkomplizierter Abstimmungsschritt, der Mehrarbeiten vermeiden soll.

Schritt 9 – Entwicklung von Design und Programmierung

Nach Freigabe der Wireframes beginnen Designer und Entwickler mit ihrer Arbeit. In der Regel arbeiten sie Hand in Hand. Die Grafiker erstellen Layouts auf Basis der Wireframes, die Entwickler programmieren die entsprechenden Strukturen und fügen die von Ihnen freigegebenen Layouts ein. So entstehen die Seiten Stück für Stück und Sie erhalten in der Regel einen Testzugang, um den Fortschritt zu beobachten. Auch nach der sorgfältigsten Validierung von Konzept und Pflichtenheft kommt es hier mitunter noch zu dem einen oder anderen Punkt, der sich nicht so einfach umsetzen lässt wie ursprünglich gedacht. Hierzu steht die Agentur in laufender Abstimmung mit dem Kunden. Die Konzeptioner entwickeln Alternativvorschläge und stimmen diese mit Ihnen ab, um gemeinsam die beste Lösung zu finden.

Schritt 10 – Auswahl von Content & SEO-Optimierung

Spätestens nach Beginn der technischen Entwicklung sollten Sie eine Entscheidung dazu treffen, welche der aktuellen Inhalte auch auf der überarbeiteten Seite auftauchen sollen. Im Zuge des Relaunchs bietet sich auch eine textliche SEO-Optimierung an. Hierfür sollte jedoch im Vorfeld genug Zeit eingeplant werden. Ist der Content abgestimmt, kann die Agentur diesen parallel zur technischen Entwicklung einpflegen.

Schritt 11 – Aufsetzen Evaluation und Reportings

Ebenfalls vor dem Livegang der neuen Seite sollten Sie das Thema Evaluation und Reporting betrachten. In jedem Fall sollten Sie sicherstellen, dass Sie ab Tag 1 ein funktionales Analysetool (z. B. Google Analytics) implementiert und ein entsprechendes Reporting aufgesetzt haben. Hier bietet sich eine Vielzahl an Analysemöglichkeiten je nach den Zielen, die Sie definiert haben. So ist es z. B. möglich zu prüfen, ob Besucher Ihrer Seite lange Texte bis zum Ende lesen. Hierzu sollten Sie sich eng mit der Agentur abstimmen, die basierend auf den Zielen ein Reporting aufsetzen kann. Berücksichtigen Sie die Bedeutung dieses Reportings auch vor dem Hintergrund der internen Rechtfertigung. Im Zweifel können Sie so belegen, dass die investierten Ressourcen gut angelegt sind.

Schritt 12 – Livegang

Ist die technische Entwicklung abgeschlossen, die Seite auf allen gängigen Browsern getestet und final freigegeben, steht dem Launch nichts mehr im Wege. Herzlichen Glückwunsch! Sie haben jetzt eine neue und attraktive digitale Visitenkarte!

von Philipp Becher
Philipp Becher ist selbstständiger Kommunikationsberater und Teil des ADVERB Freelancer-Netzwerks. Bei ADVERB betreut er unterschiedliche Verbandskunden mit ihren Digitalprojekten.

Jetzt PDF downloaden: Diesen Artikel finden Sie im Verbandsstrategen Ausgabe #76 2019, S. 04.


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