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Aus der Praxis: Wie Verbände sich positionieren

Wie immer möchten wir auch einen Einblick in die Praxis bieten und haben Experten aus Verbänden gefragt, welche Erfahrungen sie bei der Positionierung von Verbänden gemacht haben. Was sind die größten Erfolgfaktoren, aber auch Herausforderungen?

Neben dem Senden spielt auch das Zuhören eine Rolle.

Mara Hancker
Geschäftsführerin Kommunikation

IK INDUSTRIEVEREINIGUNG KUNSTSTOFFVERPACKUNGEN E. V.

Fokus auf Mitgestaltung und Glaubwürdigkeit

Zur erfolgreichen Positionierung der IK hat unser schon lange verankertes Selbstverständnis als Gestalter beigetragen. Wir betrachten uns nicht nur als Stimme der Branche, sondern vor allem auch als vitalen Teil unserer Industrie. Interessenvertretung für ein derart in der Kritik und unter Vorurteilen stehendes Produkt kann nur gelingen, wenn wir aktiv und inhaltlich mitwirken. Die Rolle des Kommentators oder Mahners wäre hier nicht zeitgemäß.

Unsere Kommunikation spielt dabei eine wesentliche Rolle. Aber es wäre fatal zu denken, Öffentlichkeitsarbeit alleine könnte es richten. Sie kann nur wirken, wenn unsere Mitglieder uns den Rücken stärken – mit Argumenten, Innovationen und Lösungen aus der Praxis. Neben dem Senden spielt auch das Zuhören eine Rolle. Es darf nicht nur darum gehen, Bestehendes zu verteidigen oder kritische Themen klein- oder gar schönzureden, sondern Neues im Sinne unserer Industrie mitzugestalten und dabei eine klare und glaubwürdige Haltung einzunehmen.

Wichtig ist die mehrwertorientierte Unterstützung der Mitglieder.

Thomas Keiser
Geschäftsführer
INDUSTRIEVERBAND KÖRPERPFLEGE- UND WASCHMITTEL E. V.

Professionelle, faktenbasierte Arbeit und hohe Dialogbereitschaft

Der Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel e. V. vertritt auf nationaler und europäischer Ebene die Interessen von mehr als 430 Unternehmen aus den Bereichen Schönheits- und Haushaltspflege. Der IKW ist bei wissenschaftlichen, regulatorischen oder wirtschaftlichen Themen Ansprechpartner für alle Stakeholder.

Grundlegend für die Positionierung des IKW mit hoher Glaubwürdigkeit und weitreichendem Netzwerk ist die professionelle, faktenbasierte Arbeit und hohe Dialogbereitschaft über inzwischen mehr als 50 Jahre. Wichtig dabei ist die mehrwertorientierte Unterstützung der Mitglieder, beispielsweise mit umfassendem Service bei der Umsetzung von Vorschriften, vielfältigen Schulungen und Veranstaltungen sowie der Vertretung der Mitgliederinteressen. Aktuell ist der IKW für sein Marktentwicklungsprogramm mit dem International Association Award ausgezeichnet worden.

Herausfordernd ist immer wieder, seriöse Verbandsarbeit bestmöglich mit der Herausstellung der Mehrwerte für die Mitglieder zu verknüpfen.

Wir erreichen endlich junge Entscheider/innen unserer Mitgliedsfirmen.

Florian Bernschneider
Hauptgeschäftsführer
ARBEITGEBERVERBAND REGION BRAUNSCHWEIG E. V.

Mutig sein und Kräfte bündeln

LinkedIn und XING digitalisieren Netzwerkarbeit. Legaltech und KI sorgen für ganz neue Angebote der Beratung. Zwischen Youtube und Podcasts verändern sich Mediengewohnheiten rasant. Wir sind sicher: Verbände haben auch in dieser Welt ihren Platz, aber sie müssen sich mutig erneuern. Deswegen bieten wir einen digitalen Arbeitszeugnisgenerator an und schaffen mit Formaten wie dem Geschäftsführertausch neue Formen des Netzwerkens. Deswegen ziehen wir kreative Off-Locations dem typischen Tagungssaal vor und produzieren selbst Erklärvideos, Dokus, Podcasts und den Geschäftsbericht im Video. Das Ergebnis: Wir erreichen endlich junge Entscheider*innen unserer Mitgliedsfirmen, und darüber freuen sich am meisten unsere ältesten Mitglieder. Doch als einzelner Verband werden wir dem Wettbewerb mit LinkedIn und KI dauerhaft dennoch nur schwer trotzen. Deswegen suchen wir bewusst nicht nur den Erfahrungsaustausch mit anderen Verbänden, sondern versuchen, Kräfte in Innovationspartnerschaften zu bündeln.

Verbände müssen heute noch stärker Dienstleister, Netzwerk und Austauschplattform sein.

Andrea Belegante
Hauptgeschäftsführerin
BUNDESVERBAND DER SYSTEMGASTRONOMIE E. V.

Mut und Offenheit als Treiber des Erfolgs

Gerade in den vergangenen Monaten haben Verbände eindrucksvoll ihre nach wie vor bedeutende Rolle unter Beweis gestellt. Ohne die Expertise von Verbänden hätten die politischen Entscheidungsträger die spezifischen Schwierigkeiten und Besonderheiten jeder einzelnen Branche so nicht gekannt. Verbände müssen sich stets weiterentwickeln und sich am Bedarf der Zeit orientieren. „Das haben wir immer schon so gemacht.“ Dieser Satz drückt das aus, was aus meiner Sicht der größte Stolperstein bei der Ausrichtung, Weiterentwicklung und Positionierung von Verbänden ist. Weil etwas in der Vergangenheit funktioniert hat, ist das keine Garantie für die kommenden Jahre und Entwicklungen. Die Welt verändert sich schneller denn je. Deshalb ist es für mich unverzichtbar, auch neue Wege zu gehen und neue Denkansätze zu verfolgen. Dazu braucht es Mut, sich von nicht mehr zeitgemäßen Strukturen zu lösen, dazu gehört Offenheit, um im „Unbekannten“ die Chancen zu erkennen. Verbände müssen heute noch stärker Dienstleister, Netzwerk und Austauschplattform sein. Diese Verantwortung haben wir gegenüber unseren Mitgliedern, die zeitnahe Informationen und unsere Rolle als Sprachrohr der Branche zu Recht einfordern.

Jetzt PDF downloaden: Diesen Artikel finden Sie im Verbandsstrategen Ausgabe #94 2021, S. 24.

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