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Das ideale Anschreiben für politische Entscheidungsträger

von Svenja Grüter

Wollen Sie, dass die Position Ihres Verbandes auch politisches Gehör findet? Wollen Sie aus der Masse an Informationen herausstechen, welche die Abgeordnetenbüros täglich überfluten? Sind Sie es leid, ständig um die Aufmerksamkeit der Politiker ringen zu müssen? Mit den richtigen Strategien und Regeln werden sich Ihre Erfolgschancen signifikant erhöhen, sodass Ihr Anliegen unverzüglich den Abgeordneten erreicht.

Im Zeitalter des World Wide Web ist es sehr einfach geworden, den Kontakt zu politischen Entscheidungsträgern aufzunehmen, denn eine E-Mail ist schnell verfasst und abgeschickt. Auch die Anonymität, die das Netz bietet, führt dazu, dass sich nun jedermann traut, seinen politischen Missmut gegenüber den Verantwortlichen der Politik zu äußern. Hinzu kommt: In Deutschland gibt es über 15.000 Verbände, die versuchen, ihre Interessen bei der politischen Entscheidungsfindung einfließen zu lassen – es gilt, also den „Wettbewerb um Aufmerksamkeit“ zu gewinnen. Schließlich ist es für jeden Verband ein Erfolgserlebnis, wenn sich der eigene Standpunkt im späteren Gesetzestext widerspiegelt. Die Folge dessen ist jedoch, dass die Anzahl der Anschreiben drastisch steigt und sowohl die virtuellen als auch die realen Posteingänge der Abgeordneten jeden Tag aufs Neue überquellen. Um den damit verbundenen hohen Arbeitsaufwand meistern zu können, hat sich in den Abgeordnetenbüros ein Filterprozess etabliert, den es als Absender zu passieren gilt. In der Regel fungieren die Mitarbeiter der Abgeordneten als Gatekeeper und entscheiden, welche Anschreiben unmittelbar weitergeleitet werden, welche durch wissenschaftliche Mitarbeiter beantwortet werden und welche unbeantwortet bleiben. Mit diesen fünf „goldenen Regeln“ können Sie es schaffen, die Filterprozesse zu überstehen und die Konkurrenz auszustechen.

So kurz und einfach wie möglich!
Abgeordnete und ihre Mitarbeiter leiden neben der ständigen Informationsüberflutung auch unter enormem Zeitdruck. Besonders während der Sitzungswochen, die meist Mitte und Ende des Monats im Bundestag stattfinden, werden die Briefe und E-Mails meistens nur rasch überflogen. Auch früh feststehende Termine werden kurzfristig abgesagt oder verschoben. Deswegen sollten Anschreiben kurz und prägnant formuliert und die Informationen verdichtet sein. Zu viele Hintergrundformationen lenken vom Wesentlichen ab und nehmen zu viel Zeit in Anspruch. Das Ziel besteht darin, Interesse zu wecken, Klarheit bezüglich des konkreten Anliegens zu schaffen und den Adressaten nicht mit zu vielen Details zu überfordern. Wichtig ist es auch, komplexe Themen einfach zu formulieren, denn schwierige Fachbegriffe und hochgestochene Beschreibungen erschweren die Nachvollziehbarkeit.

Tipp: Kürzen Sie nicht an den falschen Stellen. Konzentrieren Sie sich auf wesentliche Bestandteile (Kontaktinformationen, konkrete Erwartungshaltung an den MdB, Anlage als PDF-Dokument oder Link) und vermeiden Sie unnötig komplizierte Ausführungen.

Professionalität wird vorausgesetzt!
Um mit dem Anschreiben einen positiven Eindruck zu hinterlassen, ist neben dem Inhalt auch die formale Gestaltung von Bedeutsamkeit. Nur wer korrekte Anreden von Mandatsträgern und formale Standards einhält, beweist Seriosität. Dazu empfiehlt es sich, die Regeln der DIN 5008 einzuhalten, die Schreib- und Geschäftsregeln für Geschäftsbriefe festlegen. Vor dem Versand muss unbedingt geprüft werden, ob sich noch Rechtschreib- und Grammatikfehler eingeschlichen haben. Es wäre mehr als ärgerlich, wenn der Inhalt des Anschreibens zwar eine große Relevanz für den Abgeordneten hätte, aber wegen eigentlich vermeidbarer Fehler direkt aussortiert würde (wobei ein relevantes und wichtiges Anschreiben in der Praxis niemals wegen eines Rechtschreibfehlers aussortiert werden würde). Festzuhalten bleibt, dass diese Kriterien eigentlich auf professioneller Ebene schon vorausgesetzt werden, es aber immer wieder wichtig ist, sich diese in Erinnerung zu rufen. Denn wer einen Fehler begeht und ihn nicht korrigiert, begeht einen zweiten.

Tipp: Unsicherheiten und Fragen bezüglich Anschriften von politischen Entscheidungsträgern sollten unbedingt mit den offiziellen Angaben (www.protokoll-inland.de) abgeglichen werden.

Persönlichkeit zeigen – ein Muss!
Abgeordnete sind trotz ihres politischen Amtes auch nur Menschen mit Hobbys und individuellen Interessen. Diese gilt es vor der Kontaktaufnahme in Erfahrung zu bringen. Wenn beispielsweise bekannt ist, dass der Abgeordnete X aus Schleswig-Holstein in seiner Freizeit gerne Motorboot fährt, wird sich eine Interessengemeinschaft, die den Nordseeschutz verfolgt, besser einem anderen Abgeordneten zuwenden. Denn wenn der Mandatsträger die Interessen des Absenders teilt, können die Erfolgschancen durchaus größer sein, dass dieser sich mit dem Anliegen befasst. Leider korrespondiert dies nicht immer mit den Berichterstatterlisten, die die Zuständigkeiten für Themen innerhalb der Fraktionen abbilden. Politische Abendveranstaltungen zu besuchen, an denen auch Vertreter der Politik teilnehmen, bietet sich für das erste Kennenlernen hervorragend an. Angefragte Termine hingegen, bei denen der Verband sich ohne Anlass einfach mal kurz vorstellt, bleiben eine Wunschvorstellung und sprengen definitiv den Zeitrahmen eines Abgeordneten. Persönliche Anschreiben, in denen sich ein Verband als erster Ansprechpartner für ein relevantes politisches Thema anbietet, schaffen direkte Bezüge. Die ersten Informationen zu einem Thema, die das Gedächtnis wahrnimmt, treffen nämlich auf fruchtbaren Boden und bleiben auch später noch präsent. Themen müssen also gesetzt werden. In diesem Kontext ist es falsch zu warten, bis andere ein Thema auf ihre Agenda gesetzt haben.

Tipp: Give-aways stimmen gnädig? Falsch gedacht! Kleine Aufmerksamkeiten des Absenders erweisen sich als unbrauchbar, führen im schlimmsten Fall sogar zu einer negativen Wahrnehmung und werden sogar oft als lästig empfunden.

Zielgenauigkeit gewinnt!
Die Anliegen und Forderungen müssen gezielt auf den Abgeordneten und auf die Interessen seiner Wähler im Wahlkreis zugeschnitten sein. Nur dann werden sie für den Mandatsträger attraktiv und er sieht einen Nutzen am „Informationstauschgeschäft“. Der Verband hat dann die Möglichkeit, seine Interessen und Erwartungen zu äußern und somit im Idealfall den Abgeordneten als politisches Sprachrohr nutzen zu können. Der Abgeordnete wiederum profitiert von den exklusiven Informationen seitens des Verbandes, die dieser wiederum gegenüber seinen Wählern und/oder auch gegenüber seinen Parteikollegen sowie natürlich gegenüber anderen Parteien nutzen kann, um für das Wohl seiner Wähler einzutreten.

Mitarbeiter als Schlüssel zum Erfolg!
Die breite Vielfalt der Anschreiben ist nur einer von vielen Gründen, der deutlich macht, dass ein Abgeordneter den Arbeitsaufwand unmöglich alleine bewältigen kann. Deswegen verzichtet kaum einer auf qualifizierte Fachkräfte, die Vorbereitungen treffen und das Terminchaos bewältigen. Die Mitarbeiter sind bis auf sehr wenige Ausnahmen an allen Arbeitsbereichen beteiligt und verfügen oft über das nötige politische Know-how. Aufgrund der daraus resultierenden engen Zusammenarbeit und dem Vertrauensverhältnis zum Abgeordneten kann ihr Einfluss auf Entscheidungen groß sein. Daher sollten nicht nur die Interessen des Mandatsträgers im Auge behalten werden, sondern auch die Bedürfnisse der Mitarbeiter. Diese sind ebenfalls in den sitzungsfreien Wochen im Bundestag erreichbar und verfügen im Vergleich zum Abgeordneten über größere zeitliche Ressourcen.

Tipp: Bemühen Sie sich um persönliche Treffen mit den Mitarbeitern des anvisierten Abgeordneten! Wenn Sie seine Visitenkarte bekommen, haben Sie den direkten Kontakt zu einer Person, die Einfluss auf die Terminvergabe hat, die zudem mit ihren verbandsspezifischen Anliegen vertraut ist und die unter Umständen sogar Einfluss auf den Abgeordneten ausüben kann.

Jetzt PDF downloaden: Diesen Artikel finden Sie im Verbandsstrategen Ausgabe 06/2015, S. 5.

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