In fünf Schritten zur Mitgliederbefragung

von Hans Hirsch

In fünf Schritten zur Mitgliederbefragung Die Bedürfnisse und das Meinungsbild seiner Mitglieder zu kennen sollte das oberste Anliegen eines Verbandes sein. In der Praxis sieht die Realität leider anders aus. Mit der Folge, dass Mitglieder unzufrieden werden und im schlimmsten Fall aus dem Verband austreten. Um das zu vermeiden, sollten Verbände regelmäßige Mitgliederbefragungen durchführen, um so mehr über die Bedürfnisse und Wünsche ihrer Mitglieder zu erfahren. In fünf Schritten lässt sich eine solche Befragung planen und umsetzen und die Ergebnisse können konsequent in die eigene Arbeit überführt werden.

Den richtigen Zeitpunkt wählen Schritt 1: Den richtigen Zeitpunkt wählen
Um Feedback zur eigenen Arbeit zu erhalten, bietet es sich an, Mitgliederbefragungen alle zwei Jahre durchzuführen. Den Mitgliedern wird so eine Möglichkeit gegeben, sich regelmäßig, auch außerhalb von Gremienarbeit oder im Kontakt mit der Geschäftsstelle, in den Verband einzubringen. Regelmäßige Befragungen bieten den Vorteil, dass keine Verzerrung durch einmalige gute Ergebnisse geschehen kann und eine konstante Evaluation der eigenen Arbeit stattfindet.

Unser Tipp: Beschenken Sie den neuen Vorstand. Startet der Vorstand mit einer Mitgliederbefragung in seine Amtszeit, kann er Feedback zur vergangenen Arbeit einholen und auf Grundlage dessen den Verband weiterentwickeln. Mithilfe der Befragung können neue Richtlinien, Prioritäten und Akzente in der kommenden Amtszeit festgelegt werden.

Ziele definieren Schritt 2: Ziele definieren
Bevor der Verband mit der Befragung beginnt, sollten die Ziele der Befragung klar definiert sein. Sind die Ziele unklar, verlieren auch die Ergebnisse an Bedeutung. Im schlimmsten Fall kann es passieren, dass eine große Menge an Daten gewonnen wird, die keinen konkreten Nutzen enthalten und so die Befragung obsolet machen. Um diesen Fehler zu vermeiden, sollten sich Verbände vor dem Start der Befragung folgende Fragen stellen: Was wollen wir erreichen? Und wen wollen wir erreichen?

Grundsätzlich können zwei unterschiedliche Ziele verfolgt werden. Eine gängige Zielstellung ist, eine allgemeine Mitgliederzufriedenheitsumfrage durchzuführen. Bei dieser Form der Befragung werden die angebotenen Dienstleistungen und die Arbeit des Verbandes auf den Prüfstand gestellt. Die Ergebnisse der Befragung liefern Erkenntnisse darüber, ob und wie die Arbeit des Verbandes von den Mitgliedern wahrgenommen wird und ob angebotenen Dienstleistungen einerseits genutzt und andererseits auch wirklich erwünscht sind. Ebenso kann überprüft werden, wie zufrieden die Mitglieder mit der generellen Arbeit der Geschäftsstelle sind. Die gewonnenen Erkenntnisse können so genutzt werden, um die Angebote zu evaluieren und gegebenenfalls anzupassen.

Ein weiteres Ziel einer Befragung kann sein, die strategische Ausrichtung des Verbandes mit den Mitgliedern abzustimmen. So können wichtige Entscheidungen über die zukünftige Themensetzung oder die Position in wichtigen Gesetzgebungsverfahren mit den Mitgliedern abgestimmt werden.

Unser Tipp: Machen Sie in Ihrem Verband eine Vollbefragung. Nur wenn alle Mitglieder befragt werden, können für beide Zielstellungen auch valide Ergebnisse erzielt werden. Dies hat auch ein innenpolitisches Signal. Nur bei einer Vollbefragung können alle Mitglieder mitgenommen und gehört werden. Wird das bei der Befragung nicht berücksichtigt, kann es zu einer Verzerrung der Ergebnisse kommen. Eine Mitgliederbefragung auf die beispielsweise nur langjährige Mitglieder, nur kleine Mitgliedsunternehmen oder nur die ohnehin im Verband sehr Aktiven antworten, verliert seine Aussagekraft.

Die richtigen Fragen stellen Schritt 3: Die richtigen Fragen stellen
Gemessen an der Zielstellung müssen bei der Umfrage die richtigen Fragen gestellt werden. Nur so können valide Ergebnisse für die gewünschten Erkenntnisse gewonnen werden. Generell wird bei der Erstellung des Fragebogens zwischen einem qualitativen und quantitativen Umfragedesign unterschieden.

Bei Mitgliederzufriedenheitsbefragungen bietet sich ein quantitatives Design an. Bei dieser Form der Umfrage werden typischerweise zu jeder Frage Antwortmöglichkeiten vorgegeben. Zwar geht durch die vorgegebene Antwortmöglichkeit die inhaltliche Tiefe verloren und es können allenfalls Tendenzen festgestellt werden. Ein Vorteil ist jedoch, dass durch die schnellere Bearbeitung und Auswertung ein größerer Personenkreis befragt werden kann. Nur bei quantitativen Befragungen können Rückschlüsse auf die Allgemeinheit im Verband gezogen werden, da die Ergebnisse objektiv vergleichbar sind. Um hier das Stimmungsbild ausreichend wiedergeben zu können, sollten an der Befragung jedoch mindestens 40 Mitglieder teilnehmen. Im Gegensatz dazu kann mit einer zeitlich aufwendigen qualitativen Umfrage die objektive Einstellung der Befragungsteilnehmer gegenüber dem Verband ergebnisoffen überprüft werden.

Wenn es um die strategische Ausrichtung eines Verbandes geht, sollte auf ein qualitatives Design zurückgegriffen werden. Bei dieser Art des Umfragedesigns werden offene Fragen gestellt, bei denen das Mitglied in eigenen Worten die jeweiligen Fragen beantworten kann. So können die Mitglieder ihre subjektiven Empfindungen schildern. Einerseits kann der Verband so komplett neue Erkenntnisse gewinnen, andererseits besteht so zwischen den Antworten auch eine schlechte Vergleichbarkeit. Aufgrund des hohen Zeitaufwandes bietet sich diese Befragungsart nur für kleine Gruppen bis maximal zehn Befragungsteilnehmer an . Wenn Sie in Ihrem Verband die Unzufriedenheit einzelner Mitglieder wahrnehmen, können Sie die Gründe hierfür in einer qualitativen Befragung genauer untersuchen.

Unser Tipp: Stellen Sie die Fragen so präzise wie möglich. In einer Frage dürfen keine zwei Aspekte abgefragt werden. In diesem Fall können die Befragungsteilnehmer die Fragen nur unpräzise beantworten und können sich nicht eindeutig auf einen Inhalt beziehen. Ist das der Fall, kommt es zu einer Verzerrung der Ergebnisse und der Erkenntnisgewinn der Befragung sinkt.

Die Auswertung Schritt 4: Die Auswertung
Wurden die Fragen an die Mitglieder gestellt, geht es an die Auswertung. Damit die gesammelten Antworten mit hohem Mehrwert aufbereitet werden können, sollte die Geschäftsstelle schon von vornherein personelle und zeitliche Ressourcen einplanen. Viel wichtiger ist jedoch, dass die mit dem Projekt betrauten Mitarbeiter mit den benötigten wissenschaftlichen Methoden vertraut sind, um die Fragebögen auszuwerten.

Unser Tipp: Setzen Sie auf Experten. Wenn in der Geschäftsstelle Unsicherheiten zum Vorgehen und zur Methodik bestehen, sollten Sie externe Hilfe in Anspruch nehmen. Besonders bei quantitativen Befragungen sind Kenntnisse von statistischen Auswertungsmethoden zwingend notwendig. Ist dieses Wissen nicht vorhanden, kann nicht sichergestellt werden, dass die Ergebnisse korrekt ausgewertet werden.

Die Ergebnisse in die praktische Arbeit übersetzen Schritt 5: Die Ergebnisse in die praktische Arbeit übersetzen
Ist die Befragung durchgeführt und sind die Antworten ausgewertet, gilt es, die Erkenntnisse auch in der Verbandspraxis umzusetzen. Doch wie geht ein Verband mit guten oder schlechten Ergebnissen um?
Wird ein Verband in der Befragung von seinen Mitgliedern gelobt und erhält positives Feedback zu seiner Arbeit, ist das erst mal ein gutes Signal. Ausruhen sollte sich der Verband auf diesem Ergebnis jedoch nicht. Die positive Stimmung in einem Verband kann durch äußere Umstände, wie veränderte Marktsituationen und sich wandelnde Bedürfnisse, kippen. Deshalb sollten auch positive Ergebnisse in regelmäßigen Abständen überprüft werden. Nur so kann sichergestellt werden, dass ein Verband immer richtig auf die Bedürfnisse seiner Mitglieder reagiert und die hohe Mitgliederzufriedenheit halten kann.

Erhält ein Verband negatives Feedback von seinen Mitgliedern, ist das kein Weltuntergang, aber ein eindeutiges Warnzeichen. Werden durch die Geschäftsstelle nicht die richtigen Schritte eingeleitet, nämlich die angebotenen Leistungen den Wünschen der Mitglieder anzupassen, droht die Gefahr einer Austrittswelle. Wird das negative Feedback konstruktiv aufgenommen und werden die vorgenommenen Änderungen und Bestrebungen offen an die Mitglieder kommuniziert, können selbst die unzufriedenen Mitglieder wieder glücklich gemacht und im Verband gehalten werden.

Unser Tipp: Die Ergebnisse können nachhaltig für die Mitglieder aufbereitet werden. Im Newsletter oder Verbandsrundschreiben können Zahlen aus der Befragung aufgegriffen und z. B. in einem wiederkehrenden Format wie der „Zahl der Woche“ präsentiert werden. Ebenso sollten Sie in diesem Zuge die Projekte nennen, die auf Grundlage der Befragung angestoßen wurden. So können die Mitglieder den Nutzen der Befragung erkennen und die Mehrwerte der Mitgliedschaft werden fortlaufend kommuniziert.

Jetzt PDF downloaden: Diesen Artikel finden Sie im Verbandsstrategen Ausgabe 06/2017, S. 5.
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